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OM

 

Die Zeit vergeht hier, ohne das jemand größere Notiz davon nimmt. Mein Handy ist ausgeschaltet, nur alle paar Tage schalte ich es kurz ein, um zu sehen, ob jemand aus der alten Welt versucht hat mich zu erreichen, die Einschaltabstände werden immer größer, eine Uhr habe ich nicht, und wenn ich wie jetzt, selten genug, an meinem Computer sitze ist die Uhrzeit mehr als absurd. 4 Uhr 22 jetzt, doch draußen strahlt die Sonne, die Vögel konzertieren.

Wir sind umgezogen, weg von den Erleuchtung oder Party, oder beides suchenden Touristen, einen Kilometer hinein zu den Goanern und den Langzeit Westernpeople, die vielleicht auch ein bisschen Erleuchtung suchen, aber doch ein wenig diskreter, als die Menschen am Strand.

Unser neues Domiziel ist in einer Farbe gestrichen, die sich direkt auf der Grenze zwischen Lila und Pink befindet. Auf unserem Esstisch ein russischer Birkenwald.

Unser Zuhause von meinem Mangobaum aus gesehen.

wir wohnen im zweiten Stock.Vorderansicht, nach hinten raus geht der Blick zu meinem Mangobaum

Vor unserem Fenster mein MangoMilanpausenbaum. Bis zu zwanzig Milane sitzen zeitweise in meinem Baum, der natürlich nicht mein Baum ist, aber wir haben ein sehr gutes Verhältnis zueinander. Ich bin sein Mensch, er ist mein Baum, bis wir es nicht mehr sind. Gestern saßen auch die Affen im Baum neben den Milanen, nachdem sie Frühmorgens am Gitter des Kinderzimmers aufgetaucht sind und die Kinder uns mit aufgeregtem „ Affen,Affen – die Affen sind da“ geweckt hatten.
Unser neues zu Hause ist neben der perfekten Grenzfarbe mit zwei Toiletten inklusive Dusche, aus einer kommt sogar warmes Wasser, drei Zimmern, einem riesigen Kühlschrank, der uns bei jedem Öffnen durch einen Aufkleber erinnert „ Never Stop Loving“, zwei nach Schimmel stinkenden Matratzen, zwei Terrassen, auch mit zwei Gaskochstellen ausgestattet, auf denen ich versuche goanisch zu kochen.
 
Dank Fulla gelingt es mir immerhin so gut, das das gekochte Gemüse nicht mehr auf den Kindertellern liegen bleibt.
Die mitgebrachten Bücher verstauben friedlich rotrosa. Sobald es dunkel wird zieht es uns in die Betten, die schimmligen Matratzen haben wir auf den Balkon verband, was unsere Vermieterin nicht wirklich verstehen kann, wahrscheinlich riechen hier alle Matratzen klimabedingt irgendwann nach vergessenem Wasser .
Wenn die Sonne zurückkommt wachen auch wir auf.


Zum Frühstück Masala Chai, mein Mann hat seine morgendliche Suche nach gutem Kaffee eingestellt, hier gibt es nur Neskaffee, Poridge oder Müsli, dann lernen. Homeschooling. Schriftlich multiplizieren beschäftigte die ganze Familie einige Tage, jetzt haben es fast alle verstanden und auch schon wieder vergessen – der Wind bringt einiges mit sich und weht auch einiges wieder fort. Dinge, Gedanken, nichts ist vor ihm sicher.
Nomen, Adjektive, Verben, was wird wie und warum wie geschrieben – schwer zu erklären, da es mir ja selber ziemlich egal ist – aber wir verstehen jeden Tag ein bisschen mehr. Auch das Einmaleins hängt zumindest an unserem Kühlschrank, paar Zahlen auch in unseren Köpfen.
Mittagessen: Curry.
Ein wenig herumlungern. Manchmal Strand. Gestern Sonnenbrand. Abendessen. Nachtgeräusche höhren. Mücken, die ins Moskitonetz eingedrungen sind verfluchen, killen. Schlafen. Und ein neuer Tag. Trägheit Hitze und immer Wind, darum wunderbar.
Einfach dasein, vor sich hinleben, alltägliche Dinge tun. Meine Gedanken sind größtenteils inaktiv, da es so viel zu sehen, riechen gibt, alles wird gespeichert und liegt noch unbearbeitet. Nur die Kinder finden hin und wieder die Kraft zum Streiten.
Läuse waren auch schon da, Haare ab. Eine große Kakerlake, tikkerte über unsere Fliesen, ich habe sie verschwiegen, jede kleine Spinne löst noch Geschrei bei meinen männlichen Familienmitgliedern aus. Und das Gekkos nicht getötet werden, sondern Verbündete in unserem Kampf gegen Mücken, braucht auch noch einige Überzeugungsarbeit meinerseits.
Viele Menschen und kein Geschrei, keine laute Musik, kein lautes Gelächter, der Straßenverkehr hat einiges zu bieten, wir sitzen zu viert auf einer Vesper, ich habe auch schon eine sechsköpfige Familie auf einer Vesper gesehen, es wird gehupt, doch auch das geschieht freundlich zurückhaltend und wird als Hinweis zum Überholen, „ Achtung ich komme um die Kurve, Achtung ich bin Hinter dir, oder Vorsicht ich biege jetzt ab“ gebraucht, hier flucht keiner im Verkehr, selbst mein Mann nicht. Ich halte mich noch lieber an meine Füße, und wenn Vesper, dann nicht mehr als 40kmh.
Frischkäse selbstgemacht – teilgelungen – Salz hat gefehlt
Immer wieder erwische ich mich ,wie ich versuche eine Reihenfolge in die Geschehnisse zu bringen, doch es ist unmöglich, nicht nur die Zeit, auch die Richtung ist mir hier verloren gegangen. Überall geschieht etwas parallel, und verzweigt sich wie mein Mangobaum  vor dem Fenster. Erst das Flugzeug mit Spielkonsole und 1000 Filmen, die Mangobaumwurzeln, Goaflughafen, der Stamm, die Hunde friedlich zwischen all den Koffern, die ersten Äste, Taxifahrt, Farben, Vegetation… Blätter, Äste und die Milane, die sich auf den Ästen niederlassen… da bleibt mir nur die Arme zu erheben, mich lachend zu ergeben, tief einzuatmen und mich mit einem OM zu verabschieden –
 
Om – gestern war ich zum ersten mal beim Yoga, auch eine Geschichte, ein Rabe auf meinem Mangobaum… aber dazu ein andermal
 
Übrigens, die Schwalben sehe ich schon seid Tagen nicht mehr, sie haben sich wohl schon auf den Weg gemacht, zu euch nach Europa
Bilder heute leider nicht – Internet funktioniert nur sporadisch und Bilder hochladen gar nicht – vielleicht kann ich sie morgen nachliefern, vielleicht nicht