Ein Familientreffen in Kreuzberg, Menschen begegnen sich, die sich noch nie gesehen haben. Meist läuft die Begrüßung in etwa so ab:” Ich bin Laura, die älteste Tochter von Inge, also der kleinen Inge, die wiederum die älteste Tochter der großen Inge ist.”, “freut mich , ich bin die Tochter des Cousins der großen Inge , mein Vater war Sohn des Bruders der Mutter der großen Inge …” Viele Fragezeichen, weil wir uns nicht so ganz sicher waren, ob es wirklich so ist und die Verwandtschaftlichen Verhältnisse vielleicht doch ein wenig anders.
In großer Runde sagte dann jede Person wer sie ist und was sie so beruflich macht im Leben, als letzte war ich dran und erzählte von meinem neuesten Forschungsgebiet, Amanita Muscaria und meinem Clown und wie ich finde, dass die zwei ein gutes Team sind und ich dazu einen Kurs anbiete. Manche sahen ein bisschen weg, andere schauten mich sehr interessiert an und sprachen von ihren eigenen Fliegenpilz Erfahrungen und eine Person sagte :” Oh, das ist aber eine gruselige Mischung!”
… darüber hatte ich nie nachgedacht – und gleichzeitig wußte ich, das stimmt. Für viele Menschen stimmt das . Warum ist das so?
Beide ,der Fliegenpilz und der Clown leiden unter Verniedlichung und gleichzeitig unter Vergruselung. Vielmehr leiden sie nicht darunter, ihnen ist es ziemlich egal, sie sind einfach Clown und Fliegenpilz in all ihren Facetten, doch viele von uns Menschen haben die Verniedlichungs- die Gruselbrille, oder beides auf .
Wir kennen die kitschigen Bilder von weinenden Clowns, die billigen, bunten Plastikkostüme für Karneval, blaue Perücken, und riesige Schuhe, wir kennen den Mc Donald Clown…sobald es Herbst wird, an Silvester kommt dann eine zweite Welle, schießen die Fliegenpilze uns aus den Schaufenstern entgegen, auf Tassen, Servietten, Karten und Kinderbüchern… sie verheißen Glück , der Clown tollpatschige Dummheit , oft wird er auch zur beschimpfung von Politikern herangezogen.
Fliegenpilz und Clown wird verharmlost und ins Kinderzimmer verbannt, was auch viel über unsere Beziehung zu Kindern zeigt, ganz für voll nehmen wir sie meist nicht, halbfertige Menschen.
Auf der anderen Seite gilt der Fliegenpilz als tödlich giftig, wird in Zaubertränke gemischt und der Clown muss als Gruselmodell herhalten, Filme wie „It“, oder auch gerne Gruselclownmotive bilden dann das Gegengewicht zur Niedlichkeit…
Warum? Weil beides im Fliegenpilz und Clown steckt, Licht und Schatten? Und weil wir in unserer Gesellschaft gelernt haben das Licht mit dem Guten und den Schatten mit dem Bösen zu verbinden? Geprägt durch viele Jahrhunderte Patriarchat und institutionalisierte Religionen, die Macht und Reichtum sammeln, Angst schüren und manipulieren. Ich schreibe hier jetzt sehr grob, natürlich gibt ,und gab es innerhalb der Religionen und unseres Patriarchalen Gesellschaftssystems auch viele fortschrittlich Denkende , tief Glaubende, und zum Wohle aller handelnder Menschen.
Ich möchte hier nur die Gewichtung deutlich machen. Unser Planet Erde ,unsere Mutter, wurde und wird gründlich ausgebeutet. Weibliches Wissen wurde verteufelt und großen Teils durch Hexenverbrennung vernichtet. Ganz langsam beginnen wir zu begreifen wie wichtig weibliches und indigenes Wissen für unsere Gesellschaft ist, ganz langsam begreifen wir, dass es hier nicht um primitive unterentwickelte Kulturen geht, sondern um eine Sicht und einen Umgang mit der Welt ,die unsere Mutter Erde für uns am Leben erhalten kann, so dass wir weiterhin einen Planeten haben auf dem wir leben können. Ein Wissen und Handeln, das für uns als Menschheit existentiell ist.
In diesen Kulturen hat das Dunkle einen sehr wichtigen Stellenwert, denn dort weiß man um die Wichtigkeit des Dunklen, dort ist Dunkel nicht gleich Böse, das Gleichgewicht von Licht und Schatten. Es braucht beides, ohne das eine gibt es das andere nicht und das Gleichgewicht zu erhalten bedeutet unsere Erde zu erhalten.
Zurück zu Clown und Fliegenpilz. Nun ist das Unterbewusstsein, und das kollektive Unbewusste ja ziemlich schlau und findet Wege sich bemerkbar zu machen ,uns Menschen hinzuweisen auf dass, was wichtig ist.
Und so entwickelten wir eine immer größere Faszination für Grusel, je ärger wir uns auf das Licht, konzentrierten. Vieles was dunkel und weiblich war, galt als teuflisch und somit böse, aber es musste vorkommen in unserem Leben, darum haben wir ihm eine extra Nische gegeben, die Gruselnische, die wiederum ihre extremen und auch ihre niedlichen Ausprägungen findet.
Der Clown und der Fliegenpilz, beides Archetypen die uns leicht überfordern können und daher werden sie verniedlicht oder vergruselt, doch weichen wir ihnen nicht länger aus, untersuchen und durchfühlen, erleben und erforschen wir sie, kommen wir zu ihrem wahren Kern und der ist Balance und da Gleichgewicht keine statische Größe ist ,sind es auch nicht Clown und Fliegenpilz , beides sind lebendige Archetypen die uns helfen beide Seiten in uns zu umarmen und anzunehmen.
Licht und Schatten. 